Sunday, September 2, 2007

"Filling-in"

"Filling-in" - könnte man mit "Ergänzung" ins Deutsche übersetzen - ist ein sehr interessantes Phänomen. Man beschreibt damit den Effekt der Komplettierung/Ergänzung/Auffüllung von "leeren" Stellen die - laut unserem Gehirn - nicht leer sein dürfen oder es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sind.

Beispiel: wenn wir vor einer Hecke stehen und sich dahinter ein Objekt befindet dann ergänzt unser Gehirn automatisch die Teile die wir nicht sehen können. Wir nehmen das Objekt als Ganzes war - nicht nur die kleinen Puzzleteile die wir tatsächlich sehen können.
Aus Erfahrung (und Wahrscheinlichkeit) heraus ergänzt unser Gehirn die fehlende Information.
Ein harmloser und hilfreicher Prozess.
Auf diese Art und Weise nehmen wir immer eine komplette zusammenhängende Umwelt war.

Staring Contest

Die Stelle an der unser Sehnerv das Auge verlässt empfängt keine visuellen Informationen - wir sind an diesem Punkt blind. Das Gehirn nutzt die Informationen angrenzender Bereiche um diesen Punkt so aufzufüllen dass ein einheitliches Bild entsteht.
Man kann diesen Effekt hier sehr schön testen und gleichzeitig seine Grösse ausmessen (linkes Auge schliessen und mit dem rechten das Kreuz fixieren, Kopf vor und zurück bewegen bis der Punkt auf der rechten Seite verschwindet).

Wie all diese Phänomene ist "Filling-in" nicht nur auf das Auge beschränkt - wir hören auch Töne die es nicht gibt - verschiedene Beispiele hier.

Auch der Bereich der taktilen Wahrnehmung ist betroffen: die "Cutaneous Rabbit Illusion" ist hier das beste Beispiel; es handelt sich um eine klassische Illusion bei der man 2 voneinander entfernte Hautstellen schnell hintereinander stimuliert - z.b. das Handgelenk und dann den Ellenbogen - und es sich für die Probanden so anfühlt als ob auch der Unterarm dazwischen in bestimmten Abständen berührt worden wäre - als ob ein Hase den Arm hinaufhüpft.

Diese Illusion wird direkt vom Gehirn selbst erzeugt: der Somatosensorische Cortex - der unter anderem für die Verarbeitung von taktilen Reizen zuständig ist - wird in den Bereichen aktiv in denen die Illusion gefühlt wird.
Ich bin nach wie vor überzeugt dass man diese Illusion theraputisch nutzen kann wie ich hier vor längerer Zeit spekuliert habe.

Wenn ein Körperteil bei chronischen Schmerzpatienten so empfindlich ist, dass man ihn nicht mehr anfassen kann weil sofort Schmerz ausgelöst wird, könnte man an den Stellen, die direkt daneben liegen Reize setzen, die dann "durch" den Schmerzbereich laufen.
So müsste man den krankhaft veränderten Teil der Gehirnrinde erreichen können ohne mehr Schmerz auszulösen. Wäre wahrscheinlich schon mit einem TENS Gerät machbar.

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